Hilfe annehmen – Stärke oder Schwäche?

Von Elena Ehrmann.

Jede von uns kennt sie – die Situationen, in denen unsere eigenen Ressourcen nicht ausreichen um sie (unseren Ansprüchen gerecht) bewältigen zu können.

  • Eine komplikationsreiche Schwangerschaft, die uns zur Bettruhe zwingt.

  • Eine Neufindungsphase als Familie mit erstem Neugeborenen im Wochenbett.

  • Eine Erkrankung oder ein Unfall, welche es uns nicht erlauben, unseren Familienalltag zu bewältigen.

  • Eine Aufgabe, der wir uns (alleine) nicht gewachsen fühlen.

  • Dem kranken Kleinkind die Nase putzen und Vorlesen während das Baby Stillen möchte und man selbst eigentlich das Bedürfnis nach einer Verschnaufpause hat.

  • Kinder, Haushalt, Ehe, Beruf, Glaube, Hobbies, Freundschaften und eigenen Bedürfnissen gleichzeitig gerecht zu werden.

Die Liste an herausfordernden Situationen, die einer Mama begegnen können ist sehr lang und für viele Frauen ist Mutterschaft neben den vielen wunderschönen Aspekten vor allem das: herausfordernd. Die Last der Verantwortung wiegt schwer. Wir haben die Aufgabe, die Berufung und auch an uns selbst den Anspruch eine gute Mutter zu sein in allen denkbaren Facetten.

Aber ist das eigentlich überhaupt möglich?

Nach menschlichen, perfektionistischen Maßstäben sicher nicht. Aber warum fällt es vielen Frauen so schwer sich und anderen einzugestehen: „Das schaffe ich nicht allein. Ich brauche Unterstützung.“?

Wir werden durch die fortschreitende Leistungsgesellschaft von Klein auf darauf vorbereitet, dass man nur einen Wert habe, wenn man (genug) leistet. Hilfe benötigen, gar um Hilfe bitten ist in vielen Familien immer noch ein Tabuthema. Langfristig bewirkt so eine Denkweise allerdings vor allem eines: Sie laugt aus, sie frustriert, sie deprimiert – weil wir diesen Erwartungen gar nicht genügen können.

Einzelkämpfer mögen in manchen Lebensbereichen erfolgreich sein. Die Mutterschaft mit ihren multiplen Herausforderungen und Anforderungen gehört nicht dazu. Gerade in Situationen, die uns herausfordern, ob sie nun ganz plötzlich auftraten oder im Alltag vorkommen, dürfen und müssen wir lernen Hilfe einzufordern, anzunehmen und füreinander da zu sein.

Ein Sprichwort sagt: „Es braucht ein ganzes Dorf um ein Kind großzuziehen.“ – Wie wahr. Das zeigt, wie herausfordernd diese Aufgabe der Mutterschaft ist und auf wie vielen Schultern sie eigentlich verteilt sein sollte. Muttersein ist ein 24 h-Bereitschaftsjob. Damit einher geht eine wahnsinnige körperliche und mentale Belastung. Ständige Schlafunterbrechungen sind in der Säuglingsphase völlig normal, aber deshalb nicht minder anstrengend für Mamas. Immer da sein, immer funktionieren zu müssen – das ist der Anspruch, den viele von uns an sich selbst haben. Aber ist das möglich unter den Umständen, unter denen wir heute leben? Es hatte Gründe, warum Familien früher öfter in Mehrgenerationenhaushalten zusammengelebt haben: die gegenseitige Unterstützung und Hilfe war ein wichtiger Aspekt. In Titus 2 ab Vers 3 geht es um die Unterstützung, die erfahreneren Frauen, jüngeren Frauen zukommen lassen sollen. Gegenseitige Hilfe und Unterstützung insbesondere im Kontext von Familie sind biblisch und explizit von uns gefordert.

Das ist praktisch gelebte Nächstenliebe, die gerade in Zeiten der Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und in den ersten Jahren mit (kleinen) Kindern so sehr gebraucht wird. Umso wichtiger ist es, auch für uns zu lernen, dass es legitim und wichtig ist Hilfe anzunehmen. Was nützt deinen Kindern eine Mama, die mental ausgelaugt ist, körperlich am Ende ihrer Kräfte, nur weil sie den Anspruch hat alles allein zu schaffen? Am Ende können wir nur gute Mütter sein, wenn wir es schaffen, uns selbst nicht zu vergessen. Dazu gehört körperlich und geistig auftanken zu können, Pausen machen und Prioritäten setzen. Das ist ohne Unterstützung, ganz allein nicht nicht umsetzbar. Hilfe annehmen zeugt von Stärke, Mut und Liebe zu dir und deinen Kindern und lässt dich eine Mutter nach Gottes Herzen sein.

 

Elena Ehrmann ist christliche Doula und Mütterpflegerin und lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Stuttgart. Ihre Leidenschaft ist es, Eltern in ihrem Elternwerden zu begleiten und zu befähigen (Empowerment & Partizipation).

Mehr Infos zu Elenas Arbeit erfährst du unter www.mamabegleitung.com.

 

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