Verwöhne ich mein Baby durch Tragen?

Von Dorina Erlenmaier.

Verwöhne ich mein Kind nicht von vorne bis hinten, wenn ich jetzt auch noch anfange, es ständig in einer Tragehilfe zu tragen?

Vielleicht ist das genau die Frage, die du dir schon öfter gestellt und nur nicht getraut hast, laut auszusprechen.

Aber jetzt mal ganz ehrlich, eigentlich willst du doch dein Baby rund um die Uhr im deinen Armen halten, kuscheln, abknutschen und es einfach in deiner Nähe haben. Und soll ich dir was sagen, dieser Impuls ist genau richtig und gut für dein Kind! Ich werde dir ein paar Punkte aufzählen, warum das Tragen so gut und wertvoll sowohl für dich, als auch für dein Baby ist. Und ich fange an mit dem Punkt, der mir persönlich auch am meisten am Herzen liegt:

 

Tragen stärkt die Bindung

Ich persönlich versuche meine Kinder bindungsorientiert zu erziehen. Aber wann fängt denn jetzt bindungsorientierte Erziehung an? Wenn dein Kind laufen und sprechen kann? Wenn dein Kind dir zuhören kann? Es beginnt damit, dass du Bindung und Beziehung zu deinem Kind hast, pflegst und stärkst und das beginnt schon während der Schwangerschaft. Und glaub mir umso älter dein Kind wird und umso mehr es seine individuelle von Gott gegebene wundervolle Persönlichkeit entwickelt, umso dankbarer wirst du sein, dass jeder Konflikt, den ihr haben werdet (und sorry for that, aber Konflikte werden kommen) auf einer engen Bindung und Beziehung gesattelt ist.

 

Tragen stärkt die Entwicklung

Mit dem Tragen stärkst du die Bindung und Beziehung zu deinem Kind. Und hey, es ist längst nichts Neues mehr, dass Bindung deinem Kind hilft, sich gesund zu entwickeln, auf ganz natürliche Weise zu lernen und gestärkt durchs Leben zu gehen. Aber wie cool ist das bitte? – Du musst gar nicht viel nachdenken oder Bücher wälzen, um zu verstehen wie du zu deinem Kind Bindung und Nähe aufbaust. Allein dadurch, dass du es an dir trägst, baust du Bindung auf und stärkst somit die Entwicklung deines Kindes.

Ich fange sogar noch einen Schritt weiter vorne an. Bindung entsteht nicht erst, wenn dein Kind auf der Welt ist und du anfängst, es zu liebkosen und zu tragen. Es beginnt schon in der Schwangerschaft. Dein Kind bekommt auf ganz natürliche Weise nicht nur physisch, sondern auch emotional alles mit, was dich beschäftigt. Schon während dieser Zeit baust du eine Bindung zu deinem Baby auf und dein Baby zu dir. Wenn du nun also dein Kind, wenn es auf der Welt ist, viel trägst, führst du vor allem auch erst einmal das weiter, was es schon aus dem Mutterleib kennt. Du gibst ihm damit Sicherheit und Geborgenheit.

 

Tragen gibt Sicherheit

Hinzu kommt, dass du dein Kind schützt vor den ganzen ungefilterten Umwelteinflüssen. Es ist sowohl vor allen Blicken geschützt (denn du trägst dein Baby bitte nie nach vorne gerichtet!), als auch vor Dingen oder Menschen die es verunsichern können. Es ist nah an dir und deinem Herzschlag. Es merkt ob du mit der Situation entspannt bist oder angespannt. Und wenn du angespannt sein solltest, bekommt es doch gleichzeitig wieder die Sicherheit, da es direkt an dir dran ist und nicht auf sich allein gestellt ist. Es kann auch nicht einfach mal jemand „Fremdes“ den Kopf in den Wagen stecken, dein Kind anfassen oder willkürlich anquatschen. Du bist die Person, die darüber entscheidet und damit deinem Kind Klarheit, Führung und Sicherheit gibt.

 

Tragen fördert die Wahrnehmung

Als gelernte Ergotherapeutin gibt es für mich einen weiteren sehr wertvollen Punkt, der für das Tragen spricht. Wie oben schon erklärt, bekommt dein Baby beim Tragen auf ganz natürliche Weise alles mit, was du gerade tust. Ich mache an dieser Stelle einen Mini- Ausflug zu dem Thema Sensorische Integration. Noch nie was von gehört? Keine Sorge, musst du nicht. Ich versuche es dir auf ganz einfache Weise zu erklären. Sensorische Integration bedeutet das Aufnehmen und Verarbeiten aller Sinnesreize. Lernt dein Kind Sinnesreize aufzunehmen, zu filtern und zu verarbeiten, hat es eine wichtige Grundlage für jede weitere physische und psychische Entwicklung.

Jede Bewegung, sei sie aktiv oder passiv, erfordert eine gewisse Aufnahme und Verarbeitung von Sinnesreizen. Trägst du dein Kind nah an deinem Körper macht es ohne große Anstrengung permanent kleine Reaktionen und Anpassungen zu diesen Reizen. Vor allem auf der Ebene der Tiefensensibilität, die enorm wichtig für die grob- und feinmotorische Entwicklung ist, bekommt dein Kind wichtige spürbare Rückmeldung. Der enge Halt in deinem Tragetuch/Tragehilfe gibt jede Menge körperliche Impulse und erfordert gleichermaßen (ganz ohne Anstrengung) eine Anpassung und Reaktion darauf. Dies ermöglicht, dass dein Baby sich selbst immer wieder intensiv spüren und wahrnehmen kann. Wahrnehmung wiederum ist ein Schlüssel für ganz viele Entwicklungsschritte, die dein Kind durchlaufen wird.

 

Tragen ist einfach praktisch

Jetzt kommen wir noch zu dem einen ganz logischen und banalen positiven Aspekt des Tragens: Es ist einfach super praktisch dein Kind zu tragen. Ich weiß, manchmal ist es auch anstrengend und schwer. Da hilft dir – by the way – eine Trageberatung. Dort kannst du lernen, wie du beim Tragen Variationen verwenden kannst, die deinen Rücken an unterschiedlichen Stellen be- und entlasten. Somit ist es deutlich förderlicher, für dich und deine Haltung, als wenn du dein Kind einfach so auf dem Arm oder der Hüfte trägst. Das aber nur als kleiner Ausflug.

Im Alltag kannst du deutlich besser ein paar Haushaltsaufgaben machen, wenn du dein Kind in der Trage hast, sei es auf dem Rücken oder auch Vorne (aber bitte koche niemals etwas am Herd, wenn du dein Kind vorne trägst). Wenn vielleicht ein Geschwisterkind auch mal noch kurz auf den Arm genommen werden will, ist es enorm wertvoll, wenn du deine Hände freihast. Oder dein Kind schafft es nicht allein einzuschlafen, wie super praktisch ist da doch eine Tragehilfe. Ach ja, und sie ist so viel schneller eingepackt als ein Kinderwagen und braucht dazu auch kaum Stauraum (der Kinderwagen hat natürlich trotzdem seine Berechtigung).

 

Tragen – vielleicht was für dich?

Es gibt bestimmt noch eine Menge weiterer Punkte, die für das Tragen sprechen, z.B. das Babys als Traglinge gemacht und erdacht sind, dass der Kinderwagen früher als Luxusartikel galt und vieles mehr.

Ich habe heute die Punkte gewählt, die mir persönlich am Herzen liegen. Um deshalb nochmal an meinen Anfang zurück zu kommen: Ja! – dieser Wahn ist berechtigt und Nein! – du verwöhnst dein Kind überhaupt nicht. Im Gegenteil du tust dir und deinem Kind etwas sehr Gutes.

Deshalb bin ich begeistert davon, dass es mittlerweile Tragehersteller gibt, die sich auf den Weg gemacht haben, das Tragen in einer Tragehilfe wieder attraktiv zu machen. Denn sind wir mal ehrlich, wer möchte nicht gerne sein Kind tragen und gleichzeitig ein schönes Accessoire haben und damit doppelt gut aussehen. 😉

Vielleicht fängst du „nur“ an, dein Kind in einer Tragehilfe zu tragen, weil du ein cooles Trageaccessoire hast, aber du wirst merken, wie du dir und deinem Kind damit Gutes tust. Zumindest wünsche ich dir das!

Deine Dorina

 

Dorina Erlenmaier ist der Kopf unserer „kleinen Schwester“ von Kinder des Königs. Die gelernte Ergotherapeutin ist deine Ansprechpartnerin für alle deine Fragen rund um Bindung stärken und Tragen. Alle wichtigen Infos findest du auf unserer separaten Homepage tragebratung.kinderdeskönigs.de

PS: Bist du dir unsicher welche Trage zu dir passt? Dann melde dich gerne für eine telefonische Kurzberatung bei Dorina.

 

Du hast auch etwas zum Thema Kinderwunsch, Schwangerschaft, Geburt oder Elternsein zu sagen? Wir sind immer auf der Suche nach ermutigenden Beiträgen und freuen uns, von dir zu hören!

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